Produktion
27. September 2021 | Interview | Nachhaltiges Bauen | Ökologisches Bauen

Auf dem Weg zur zirkulären Bauwirtschaft

Interview

Überzeugt, dass es sich beim zirkulären Bauen um ein Gemeinschaftsprojekt handelt, hat es sich das Team von restado und Concular zur Aufgabe gemacht, den Bausektor auf dem Weg zur Ressourceneffizienz und CO2-Neutralität zu unterstützen. Mit Architektin Annabelle von Reutern, die für das Business Development von Concular verantwortlich ist, warfen wir einen Blick in die Zukunft und sprachen über die Potenziale von Kreislaufwirtschaft.

Die Welt in 50 Jahren – Ihre Vision:

Ich glaube unser Bewusstsein dafür, wie fragil unsere Welt eigentlich ist, wird sich verstärken. Wir werden achtsamer mit unserer Umwelt umgehen und uns nicht mehr einfach nehmen, was uns gefällt. Und bei allen Produkten, die wir herstellen, werden wir uns zukünftig fragen, was damit am Ende des Lebenszyklus passiert. 

Wie zahlen Ihre Plattformen restado und Concular auf diese Vision ein?

Restado ist inzwischen Europas größter Online-Markplatz für wiedergewonnene Baustoffe. Mit Concular konzentrieren wir uns noch stärker auf die Kreislaufwirtschaft und versuchen heute CO2 einzusparen, indem wir Gebäude betrachten und schauen, was dort an Materialien und Bauteilen enthalten ist. Aber wir investieren auch in die Zukunft, indem wir Materialpässe – sozusagen die Identität eines Materials – für den Bestand und Neubauten erstellen. Wenn ein Gebäude dann beispielsweise in 50 Jahren abgerissen werden soll, können wir anhand des Materialpasses feststellen, welche Werte und Ressourcen darin stecken.

Was ist von Politik und Herstellern zu leisten, um das zirkuläre Bauen zu erleichtern?

Bei der Politik steht bisher der Gebäudebetrieb im Vordergrund. Jedoch entstehen dort „nur“ 50 % der CO2-Emissionen, die andere Hälfte entsteht durch die Bauphase. Die Politik sollte sich deshalb mit ihren Förderangeboten auch auf die Ressourceneffizienz konzentrieren. Was die Hersteller betrifft: Im Innenausbau gibt es bereits Leasing-Konzepte für Büromöbel. So etwas sollte es prinzipiell für alle Produkte geben und hier möchte ich auch an alle Unternehmen appellieren, ihre Produkte unter die Lupe zu nehmen und zu untersuchen, ob und wie eine Wiederverwendung möglich wäre. Denn es ist ja eine tolle Sache sagen zu können: „Unsere Produkte haben eine so gute Qualität, dass sie zwei Lebenszyklen oder sogar mehr aushalten können.“

Annabelle von Reutern

Annabelle von Reutern ist Architektin und bei Concular für das Business Development zuständig.

Unter ArchitektInnen ist aktuell eine Rückbesinnung auf einfache, natürliche, sowie langlebige Materialien wie Kalksandstein zu beobachten…

Ich halte das für eine sehr spannende Entwicklung, die auch weiterhin von den ArchitektInnen vorangetrieben werden sollte. Hier sehe ich es auch als ihre Aufgabe an, das Gefühl für den Wert dieser Materialien an die Bauherrschaft weiterzugeben. Denn hinter dieser Einfachheit steckt ja nicht nur der nachhaltige Aspekt, sondern auch Ästhetik, die auch bei unserer Arbeit immer wieder eine große Rolle spielt.

Kalksandstein wird im Vergleich zu anderen Mauersteinen sehr energiearm hergestellt. Werden wir uns in Zukunft noch stärker fragen müssen, womit wir überhaupt bauen, lange bevor Ihre Unternehmen ins Spiel kommen?

Absolut. Es ist essentiell, dass wir nicht erst beim Abbruch daran denken, was wir noch retten können. Wir sollten uns vielmehr in der frühen Planungsphase damit beschäftigen, wie wir ressourcenarm bauen können.

Wie schätzen Sie die Bedeutung von Regionalität in Bezug auf Ressourcen und Lieferketten – auch in Zusammenhang mit Ihren Konzepten – ein?

Wir arbeiten zwar deutschlandweit, schauen aber, dass wir die Materialien auch wieder möglichst regional in Gebäude einbringen. Denn lange Transportwege kosten Geld und wirken sich negativ auf die CO2-Bilanz aus. Außerdem stellen wir immer wieder fest, dass auch Geschichte sowie Identität eine große Rolle spielen. Denn in Materialien, die beispielsweise für eine Fassade verwendet werden, steckt ja nicht nur Energie, sie bergen auch eine Historie und damit Emotionen.

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