Sie bewegen sich überwiegend mit dem Fahrrad fort. Wie nehmen Sie die Stadt Stuttgart als radfahrender Architekt wahr?
Das stimmt. Da ich keinen Führerschein habe, fahre ich Fahrrad. Es ist ein gutes Mittel, um eine Stadt zu erkunden. Man bekommt außerdem ein Gefühl für die Bodenbeläge. Die sind in Stuttgart ziemlich zusammengeflickt. Und daran erkennt man leider, wie lieblos der Umgang mit dem öffentlichen Raum ist. Hinzu kommt die Autogerechtigkeit, mit der nahezu alle Städte, die nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut wurden, zu kämpfen haben.
Ein großes Thema, das bei der IBA’27 immer wieder auftaucht, ist die soziale Dichte. Wo steht die Region Stuttgart hier aktuell und wo möchten Sie hin?
Die Dichte, wie wir sie aus den Städten des 19. Jahrhunderts kennen, ging im 20. verloren, da man damit begann, Funktionen wie Wohnen, Arbeiten und Einkaufen scharf voneinander zu trennen. Das Auto verstärkte diese Enddichtung noch, da man plötzlich viel weitere Strecken zurücklegen konnte. Das sieht man übrigens nicht nur an Stuttgart. Es ist wichtig, diese Entwicklung in einem gewissen Sinne rückgängig zu machen und Städte bzw. Regionen neu zu strukturieren. Dichte verstehen wir nicht nur quantitativ, sondern auch auf sozialer Ebene. Wir brauchen neue Orte der Begegnung, zur Identitätsstiftung und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand man schonmal vor der Problematik des akuten Wohnraummangels. Ein Versuch, eine Antwort darauf zu finden, war die Stuttgarter Weissenhofsiedlung. Was können wir hiervon lernen?
Da müssen wir zwischen Form und Haltung unterscheiden. Formal reagierte sie durch eine klare Trennung von Wohnen und Arbeiten auf die Probleme der Zeit. Das sehe ich heute, wie schon gesagt, kritisch. Von der damaligen Haltung können wir aber viel lernen: Mutig sein, nach vorne blicken, junge Leute an den Start holen, neue Ideen und Technologien ausprobieren – das finde ich großartig.