Von Ihnen stammt der Satz „Früher haben wir mit 15 Materialien ein Haus gebaut. Heute sind in einer Wandkonstruktion schon 15 verschiedene!“ Was können wir in puncto Suffizienz von den traditionellen Bauweisen übernehmen? Und inwiefern wirkt sich ein „einfacherer“ Materialeinsatz auch auf die Nutzungsphase, spätere bauliche Eingriffe etc. aus?
Ich glaube, wir können viel von unserem Bestand lernen, sowohl strukturell als auch bezogen auf die Materialkomplexität. Diese ist schon ein wesentlicher Faktor, den man im Fokus haben muss, wenn es um die Nachnutzbarkeit von Gebäuden oder ihren Bestandteilen geht. Wenn wir uns vorstellen, dass wir eben diese 15 Materialien in einer Trockenbauwand zu einem Badezimmer haben, dann muss man auch plausibel erklären, was passieren soll, wenn diese irgendwann nicht mehr gebraucht wird. Wenn wir aufhören wollen, Gebäude nur für ein paar Dekaden zu bauen, dann ist so eine Komplexität nicht hilfreich. Die zweite Fragestellung ist sicherlich die der konstruktiven wie technischen Komplexität, die mittlerweile ein Ausmaß angenommen hat, dass wir eigentlich auch nicht wirklich beherrschen. Wenn man sich auf der Baustelle anschaut, wie ein Sockeldetail aussieht, wundert man sich auch nicht, dass immer mehr Baufehler entstehen – schauen Sie sich die Statistiken der Versicherer an! Eigentlich bauen wir ja keine Weltraumstationen, aber die Vielfalt an Materialien und die damit verbundenen Verarbeitungsrichtlinien sind mittlerweile wahrscheinlich ähnlich hoch. Gleichzeitig gibt es viele Handwerksbetriebe, die faktisch keine handwerklichen Lösungen mehr anbieten, weil diese keine Zulassung haben: Wir haben zwar 300 Jahre so gebaut, aber jetzt fehlt der Nachweis, und dann müsste es eine Einzelfall-Prüfung geben – das ist doch Irrsinn!