Südöstlich des Verna Parks in Rüsselsheim hat sich in über 100 Jahren ein Wohnviertel entwickelt, das vorwiegend von zwei Gebäudetypen geprägt ist: Klassische hessische Hofreiten werden durch zahlreiche Arbeiterhäuschen aus der Jahrhundertwende ergänzt. In diese kleinteilige, dicht bebaute Struktur hinein gesellt sich nun ein Ensemble mehrgeschossiger Wohngebäude. Entworfen vom Büro Thaler Latsch, das in der Zwischenzeit zu Baur & Latsch Architekten umfirmierte, greifen sie die vorhandenen Typologien auf und bereichern das Viertel zugleich um ein neues Konzept, das, teils barrierefrei, auch Wohnraum für diejenigen bietet, die es in der Stadt bislang oft schwer haben. Neben Grundrissen für Familien und WGs richten sich kleinere Wohnungen vor allem an Studierende und PendlerInnen sowie SeniorInnen.
Bestandsanalyse als Schlüssel zum Erfolg
Das junge Münchner Büro konnte sich mit seinem Entwurf in einem Realisierungswettbewerb durchsetzen, den die lokale Baugesellschaft gewobau für ein schmales, langes Grundstück sowie eine unweit an einer Kreuzung gelegene kleinere Fläche ausgeschrieben hatte. Für Martin Baur, einen der beiden Bürogründer, liegt der Grund für den Wettbewerbserfolg nicht zuletzt in der genauen Analyse des Bestands: „Wir haben geschaut, was es für räumliche Situationen und Qualitäten gibt, was funktioniert und heute noch funktionieren würde.“ Aus dieser Überlegung heraus entstanden auf dem größeren der beiden Grundstücke sechs maximal dreigeschossige Gebäude, die sich, hintereinander aufgereiht, durch den Wohnblock zu schlängeln scheinen. Die Abstände der Häuser zueinander sowie ihre Maßstäblichkeit erzeugen dabei einen Hofcharakter, wie er auch in der Umgebung oft zu beobachten ist.
Auch die Gebäude selbst greifen Aspekte aus der Umgebung auf und zitieren diese feinsinnig. Die Holzgalerien etwa, die die Wohnungen um Außenflächen erweitern, erinnern an die Baustrukturen im Inneren der Hofreiten und die Rundbögen der Eingänge sind vom Opel-Stammwerk inspiriert. Ein wenig anders verhält es sich mit dem siebten Gebäude, das ebenfalls Teil des Wettbewerbs war, aber etwas abseits an einer Kreuzung und damit gewissermaßen in „Insellage“ steht: „Als einzelnes Gebäude muss das Haus an der Waldstraße nicht so eine starke Identität erzeugen“, begründet der Architekt die Unterschiede, etwa in der Fassadengestaltung – gibt aber mit einem Schmunzeln zu: „Das hat es erst noch lernen müssen, am Anfang war es noch ein bisschen eitler.“
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