EFH Gärber

Ein Haus für jede Lebenslage

Der Traum vom Einfamilienhaus ist zwar bis heute fest in den Köpfen vieler junger Menschen verankert, rückt inzwischen aber immer mehr in die Ferne. Grund dafür sind gestiegene Boden- und Materialpreise sowie hohe Zinsen. Hinzu kommt die ökologische Verantwortung im Kontext des Klimawandels. So steht das Einfamilienhaus oftmals aufgrund seiner hohen Pro-Kopf-Wohnfläche und dem entsprechend hohen Ressourceneinsatz in der Kritik. Wie sich diese ökonomischen und ökologischen Herausforderungen durch intelligente Planung und die richtige Materialauswahl lösen lassen, zeigt das Haus der jungen Familie Gärber im Landkreis Bamberg.

Eher selten planen und bauen Architekturschaffende für sich selbst. Die fränkische Gemeinde Litzendorf ist jedoch seit Ende 2023 um ein neues Bauwerk reicher: das neue Heim von Architekt Bastian Gärber und seiner Familie. Auf gerade einmal 250 m2 Grundstücksfläche entstand – in viel Eigenleistung und mithilfe von Familie und Freundeskreis – ein kompaktes, dreieinhalbgeschossiges Wohnhaus in KS-Bauweise, das sich in seinem äußeren Erscheinungsbild deutlich von der Umgebungsbebauung abhebt.

Architekt oder Bauherr?

„Es war spannend, das eigene Haus zu entwerfen“, erinnert sich Gärber zurück. „Man ist dem Projekt emotional natürlich noch viel stärker verbunden als es bei anderen Objekten der Fall ist.“ Seit gut 13 Jahren ist er bei Paptistella Architekten im circa 15 km entfernten Hirschaid tätig und kümmert sich dort insbesondere um regionale Bauvorhaben öffentlicher Bauherren. Bei seinem eigenen Projekt hatte Gärber beide Rollen inne und war Bauherr und Planer zugleich.

EFH Gärber

Die massiven KS-Außenwände wurden mit einer hinterlüfteten Holzlamellen-Vorhangfassade verkleidet.

„Anfangs war ich mehr Architekt, bei der Konkretisierung mehr Bauherr“, erklärt er. „Auf der einen Seite wollte ich architektonisch und gestalterisch das Bestmögliche umsetzen – schließlich leben wir hier zukünftig. Gleichzeitig bin ich derjenige, der den Bau letztendlich bezahlt. Beide Ziele zu erreichen, war die größte Herausforderung.“ Und auch die eigenen Familienmitglieder können als Zielgruppe anspruchsvoll sein: „Natürlich hatten wir auch unterschiedliche Vorstellungen und Meinungen während der Planungsphase“, ergänzt Andrea Gärber, die Ehefrau des Architekten. „Bastian hat mir dann seine Hintergründe erklärt, Grundrisssituationen in Renderings aufgezeigt, sich aber auch meine Ideen angehört, und so kamen wir immer auf einen Nenner.“

EFH Gärber

Sowohl in Kubatur als auch in Materialität hebt sich das Wohnhaus von Familie Gärber deutlich von seiner Umgebung ab.

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Im Bereich der Fenster öffnet sich die Holzlamellenfassade und bringt Tageslicht in den Innenraum.

Im Innenraum begegneten sie der geringen Grundfläche mit hellen, fließenden Räumen mit Loft-Charakter. „Hier haben wir Grundriss und Anschlüsse so geplant, dass wir zukünftig flexibel auf verschiedene Lebensumstände reagieren können“, erläutert Gärber den Gedanken dahinter. „Wenn unsere Tochter irgendwann mehr Privatsphäre braucht, auszieht oder wir im Alter Pflege benötigen, kann das Haus in zwei Wohneinheiten geteilt werden.“ Einen zweiten, separaten Eingang in das erste Obergeschoss gibt es dazu seitlich am Haus – zu erreichen über eine Außentreppe. Denn für den Architekten bedeutet nachhaltig Bauen unter anderem auch, dass Gebäude möglichst lange und flexibel genutzt werden können.

Flächeneffizienz dank schlanker Konstruktion

Weil das Grundstück so schmal und eng bemessen ist und der Bebauungsplan eine Grundfläche von sechs mal zehneinhalb Metern für das Haus vorsah, entschied sich Bastian Gärber für tragende Außenwände aus Kalksandstein. „Es ist gut, dass auf diese Weise nur eine geringe Fläche versiegelt wird. Allerdings mussten wir deshalb besonders bei der Konstruktion so schlank wie möglich werden, um den vorhandenen Platz effizient nutzen zu können“, erklärt er. „Da Kalksandstein hohe Traglasten aufnehmen kann und außerdem eine lange Lebensdauer hat, fiel uns die Wahl leicht.“ Die Belastbarkeit des weißen Steins ist auf seine hohe Druckfestigkeit zurückzuführen. Seine hohe Rohdichte sorgt darüber hinaus auch bei schlanken Wänden für einen guten baulichen Schallschutz. „Wir leben hier in der Nähe einer recht stark befahrenen Straße und bekommen davon so gut wie nichts mit“, bestätigt der Architekt.

Zur Baukostenreduzierung war es der Familie wichtig, im Anschluss an den Rohbau möglichst viel in Eigenleistung errichten zu können. Deshalb war die einfache Konstruktion mit tragendem KS-Mauerwerk in einer Dicke von 17,5 cm von Vorteil. „Auf die funktionsgetrennte KS-Bauweise setzen wir auch bei Paptistella Architekten. Man hat eine schwere Tragstruktur, die alle wichtigen Schutz-Eigenschaften mitbringt und eine eigene Fassadenschicht, die frei gestaltet und so zum Aushängeschild des Projekts werden kann“, so Gärber.

EFH Gärber

Herzstück des Hauses ist der Wohn- und Essbereich im Erdgeschoss.

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Während die tragenden Außenwände aus Kalksandsteinen von KS-Original errichtet wurden, kamen im Inneren nur wenige Wände zum Einsatz, um den Grundriss möglichst flexibel zu halten.

Natürliche Schlichtheit

Den kompakten Baukörper mit einem energetisch günstigen A/V-Verhältnis ziert eine hinterlüftete Holzlamellen-Vorhangfassade. Sie dient einerseits als Sichtschutz, um trotz der räumlichen Nähe zur umgebenden Bebauung Privatsphäre zu schaffen, und andererseits als Sonnenschutz. „Wir wollten ein reduziertes, zeitloses und schlichtes Erscheinungsbild schaffen, das unseren Stil wiederspiegelt – und das mit natürlichen, ökologischen Materialien“, erklärt der Architekt. Auch der weiße Mauerwerksstein trägt einen Teil dazu bei. Er besteht aus den drei natürlichen Ressourcen Wasser, Sand und Kalk. Ihnen werden keine chemischen Zusätze beigemengt, weshalb das Material weder schädliche noch allergieauslösenden Stoffe emittiert. KS-Wände sind zudem raumluftfeuchteregulierend und besitzen eine sehr gute Wärmespeicherfähigkeit, wodurch das Raumklima in jeder Jahreszeit positiv beeinflusst wird. „Der thermische Aspekt ist wirklich maßgeblich“, fährt Gärber fort. „In diesem Sommer staunten einige Nachbarn, weil es bei ihnen längst zehn Grad wärmer war als bei uns. Und auch im Winter bleibt es angenehm temperiert.“ Ein begrüntes Flachdach zugunsten von Artenvielfalt und Regenwasserspeicherung sowie eine innovative Brennstoffzellen-Heizung runden das ökologische Konzept ab.

EFH Gärber

Das erste Obergeschoss ist – ergänzend zur inneren Erschließung – über eine Außentreppe erreichbar. Der Wohnraum könnte dadurch in zwei Wohneinheiten unterteilt werden, sollten sich die Anforderungen in Zukunft ändern.

With a little help from my friends

Nach zwei Jahren Bauzeit konnte die Familie im November 2023 in ihr neues Zuhause einziehen. „Wir sind so glücklich mit dem Ergebnis. Es gefällt uns von Tag zu Tag noch besser – auch, weil es sich vor allem durch unsere Tochter immer mehr mit Leben füllt“, resümiert Andrea Gärber. Und auch der Architekt zeigt sich zufrieden: „Nachdem so viel Arbeit und eigene Leistung in dem Haus steckt, ist es ein großartiges Gefühl, hier zu wohnen. Es ist genauso geworden, wie wir uns das vorgestellt und erhofft haben. Ohne die Unterstützung unserer Freunde und Familien wäre das nicht möglich gewesen.“

Bastian Gärber / Paptistella Architekten

Die im bayerischen Hirschaid ansässigen Paptistella Architekten sind in erster Linie auf regionale Bauprojekte von öffentlichen Auftraggebern spezialisiert. Das erfahrene Team aus 20 Architekt*innen widmet sich insbesondere der Gestaltung von Kinderhäusern, Schulen und Justizgebäuden. Dabei stehen die individuellen Bedürfnisse der Nutzenden im Fokus. Seit gut 13 Jahren ist Bastian Gärber hier beschäftigt. In der Region aufgewachsen und dementsprechend auch verwurzelt, kennt er die Umgebung nur zu gut und freut sich, diese durch seinen Job als Architekt aktiv mitgestalten und prägen zu können.

Bauaufgabe
Wohnungsbau
Lage
Litzendorf
Architektur/Bauplanung
Paptistella Architekten
Grundfläche
63.00m²
Fertigstellung
2023

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