Neubau statt Altbau – Modernität statt Kompromisse.

Die meisten Architekturbüros zieht es in die Städte. Die Nähe zu den Kunden und möglichen Projekten, die Infrastruktur und die Vernetzung mit Partnerbüros sind dabei überzeugende Argumente. Aber nicht jedes Büro sieht die Vorteile für die eigene Arbeit in der Stadt. Reinhard Graf zog mit seinem Team bewusst aus Altdorf bei Nürnberg in eine kleine Gemeinde im Mittelfränkischen und tauschte dafür einen unflexiblen Altbau gegen einen zeitgemäßen Neubau mit besten Arbeitsbedingungen, den das Büro selbst plante und realisierte.

Burgthann liegt etwa 20 Kilometer südöstlich von Nürnberg. Idyllisch eingebettet ins Schwarzachtal mit weitläufigen Wiesen, dichten Wäldern und steilen Hängen bietet die aus mehreren Ortschaften bestehende Gemeinde einen hohen Freizeit- und Erholungswert mit eher traditionellem Charakter. So könnte man als Tourist zumindest denken, doch in den ländlichen Regionen entwickele sich wirtschaftlich einiges, betont der Architekt Reinhard Graf. „Als wir uns vor einigen Jahren entschlossen, unseren zwar charmanten, aber doch auch problematischen Büroaltbau nach 15 Jahren in der Stadt zu verlassen und ein Grundstück für einen kompletten Neubau zu suchen“, sagt er, „haben wir hauptsächlich auf dem Land gesucht. Denn wir stellen in den letzten Jahren fest, dass sich die Entscheider in den Kommunen deutlich verjüngt haben. Die Traditionalisten werden von zukunftsorientierten, ambitionierten Bürgermeistern abgelöst, die vieles bewegen in den Dörfern – auch architektonisch.“

„Wir haben daher viele Auftraggeber mittlerweile in den ländlichen Regionen.“ Wenn zum Beispiel eine neue Gemeindehalle oder ein neues Rathaus geplant würden, erläutert Graf, setzten die Gemeindevertreter heute zunehmend auf architektonisch anspruchsvolle Bauten mit einem hohen Prestigewert statt auf einfache Zweckbauten. „Diese sind in den eigentlichen Baukosten zwar etwas günstiger“, sagt der Architekt, „aber nach wenigen Jahren sind sie meist unansehnlich, erweisen sich oft als unflexibel und die Reparaturkosten können schnell in die Höhe schießen.“

Nach längerer Suche fand Reinhard Graf für seinen Büroneubau schließlich ein 13 Meter breites und 75 Meter langes Grundstück in Burgthann an einer Hauptverkehrsstraße und mit direkter Anbindung zur Bundesstraße 8. „Was für Wohnhäuser nicht ideal ist – wir befinden uns hier an einer sehr lauten Straße – erwies sich für unser Gebäude als gut geeignet: Wir sind für unsere Kunden leicht erreichbar und schnell bei den Projekten vor Ort“, sagt Graf.

In einer kleinen Gemeinde bei Nürnberg befindet sich das Bürogebäude von Graf Architekten. Vom Büroinhaber Reinhard Graf und seinem Team selbst geplant und umgesetzt bietet der Neubau auf rund 350 m² Platz für 20 Mitarbeiter.

Gestapelte Geschosse.

„Die Planung eines Gebäudes, das man selbst nutzen wird, zählt zu den größten Herausforderungen für einen Architekten. Es soll schließlich später nahezu perfekt sein.“ Reinhard Graf erzählt von der zweijährigen Planungsphase. Wichtig war ihm und seinem Team dabei vor allem, die Problemstellen des Altbaus, in dem sein Büro früher untergebracht war, mit dem Neubau zu lösen: „Damals war zum Beispiel die Aufteilung in Einzelbüros schwierig, da so die Kommunikation unter den Mitarbeitern litt. Auch die Akustik war verbesserungswürdig, ganz zu schweigen von den hohen Energiekosten und dem stets unpassenden Raumklima. Im Winter war es eigentlich immer zu kalt, im Sommer immer zu warm.“

Mit all diesen Rahmenbedingungen im Hinterkopf entwarf der Architekt einen klar gegliederten Bürobau: Auf das leicht konisch geformte Erdgeschoss setzte er einen etwas kleineren Quader. Letzterer ragt an zwei Seiten etwa 50 Zentimeter über das Sockelgeschoss heraus, sodass von der Straßenseite her der Eindruck entsteht, die beiden Geschosse seien gestapelt wie Kartons. Dieser optische Effekt wird verstärkt durch die unterschiedliche Fassadengestaltung.

Auf dem mit anthrazitfarbenen KS-Fasensteinen bekleideten Erdgeschoss sitzt das kleinere weiß verputzte Obergeschoss, das an zwei Seiten leicht auskragt.

Für Reinhard Graf war es eine klare Entscheidung für das Sichtmauerwerk aus Kalksandstein, da es sich in die massive Bauweise des Gebäudes einfügt.

Das Sichtmauerwerk ergänzt in seiner Materialität die massive Bauweise des Hauses.

Das Sichtmauerwerk aus KS-Fasensteinen schafft ein besonderes und architektonisch anspruchsvolles Erscheinungsbild. Vor allem die umlaufende Fase trägt dazu bei.

Während das untere Stockwerk mit anthrazitfarbenen KS-Fasensteinen als Sichtmauerwerk gestaltet ist, wurde das obere Stockwerk weiß verputzt. „Wir haben uns gezielt für den KS-Fasenstein entschieden – aus gestalterischen wie auch aus energetischen Gründen“, erläutert Graf. „Er ergänzt damit in seiner Materialität die massive Bauweise des Hauses.“ Die tragenden Außenwände sowie die Innenwände bestehen aus großformatigen Kalksandsteinen des Bausystems KS-QUADRO mit einer Wanddicke von 17,5 cm, die Decken sind aus Stahlbeton. „Wir bauen seit Jahren gerne mit Kalksandstein von KS* und schätzen vor allem die konstruktiven Möglichkeiten, die gleichbleibend gute Qualität und dessen Wärmespeicherfähigkeit.“

Hoher Anspruch an Energieeffizienz.

„Wir wollten ein energieeffizientes Gebäude, das ohne eine klassische Klimaanlage auskommt.“ Hierfür sind die Stahlbetondecken energetisch aktiviert, das heißt, in den Decken zirkuliert in Rohrregistern eine Flüssigkeit, die im Sommer die Räume kühlt und im Winter erwärmt. Die notwendige Wärme- bzw. Kälteenergie für das flüssige Trägermedium stammt aus dem Erdreich. Die hohe Wärmespeicherfähigkeit des Kalksandsteins ergänzt die Betonkernaktivierung und sorgt ganzjährig für ausgeglichene Temperaturen im gesamten Gebäude. Damit ergibt sich ein Jahresprimärenergiebedarf von nur 35,5 kWh/m2. Dass der KS-Fasenstein die hohe Speichermasse des Gebäudes noch vergrößert, war nicht das einzige Argument für dessen Einsatz. „Bei früheren Projekten nutzten wir die KS* Produkte für tragende Bauteile, allerdings nicht als Sichtmauerwerk. Dieses Mal wollten wir das Material auch nach außen zeigen, entschieden uns daher für den Fasenstein.“ Zudem ist der Baustoff robust: Er ist stoß- und witterungsbeständig, wenig anfällig für Verschmutzungen und behält so sein Erscheinungsbild. „Gerade im öffentlichen Bereich, wenn die Erdgeschossfassaden beispielsweise durch angelehnte Fahrräder stark beansprucht sind, oder bei extremen Witterungen mit viel Schnee und Frost, wie hier bei uns in Bayern, eignet sich das KS-Sichtmauerwerk gut.“

Viel Licht und Transparenz.

Große Fensterflächen auf der Straßenseite erlauben Einblicke in die Arbeitsbereiche des Architekturbüros im Erdgeschoss und lassen vor allem viel Tageslicht ins Innere des Gebäudes.

Große Fensterflächen im Erd- und Obergeschoss lassen viel Tageslicht ins Gebäude. Dabei achteten die Planer darauf, dass vor allem gleichmäßiges blendfreies Nordlicht die Arbeitsplätze erhellt. Zum Garten hin, auf der Südseite spendet ein Baum Schatten.

Im Obergeschoss ist ein großer Besprechungsraum zum südlich gelegenen Garten orientiert. Für den notwendigen Sonnenschutz sorgt ein auskragender Rahmen, dessen rote Lackierung für einen ansprechenden Akzent an der weißen Putzfassade sorgt.

Die zentrale Treppe ist mit Lärchenholz belegt wie auch die durchgehende Wand und der Brüstungsabschluss. Die Stufen sind mit Licht in Szene gesetzt.

„Wir haben den Bau nach Norden ausgerichtet, um gleichmäßiges blendfreies Licht in die Räume zu bekommen“, erläutert der Architekt. Oben sorgen Lichtbänder für gute Arbeitsbedingungen, ein großer Besprechungsraum, der zum rückwärtigen Garten ausgerichtet ist, bekam ebenfalls geschosshohe Glasflächen. Um die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern zu fördern, sind die Arbeitsbereiche im Erd- und Obergeschoss offen gestaltet. Nur das Sekretariat und der Kundenbesprechungsraum sind geschlossen. Für die Lärmbegrenzung bei so viel Offenheit sorgen ein schallschluckender Teppich sowie Akustikpaneele an den Decken.

Während die Architekten außen wie erwähnt auf KS-Sichtmauerwerk setzen, sind die KS-QUADRO Wände weiß verputzt und ergeben mit der Materialität der  Decken, Stützen und des Treppenaufgangs einen ruhigen, neutralen Hintergrund. Individualität erhält das Innere durch die Möbel, Fenster und Türen aus Lärchenholz sowie durch verschiedene Beleuchtungs- und Farbakzente. „Ausgelegt ist unser Bürobau auf 20 Personen, derzeit sind wir 13“, sagt Reinhard Graf, „das Grundstück ist aber so groß, dass wir auch noch einen Anbau darauf setzen können. Im Moment ist das allerdings kein Thema. Alles passt so, wie wir uns das vorgestellt haben. Das eigene Gebäude zu planen, die vielen Freiheiten, die man dabei hat, machen manchmal auch ein wenig unsicher. Aber es hat sich für uns gelohnt!“

Das Sekretariat befindet sich direkt am Eingang. Der selbst entworfene Empfangstresen in leuchtendem Orange und Weiß steht im spannenden Kontrast zum ansonsten neutral in Grau und Weiß gehaltenen Inneren.

Der Besprechungsraum im Obergeschoss bietet mit seinen geschosshohen Fenstern einen schönen Ausblick in den Garten.

Bauaufgabe
Nichtwohnungsbau
Lage
Burgthann
Architektur/Bauplanung
Graf Architekten
Bauherr
Graf Architekten
Grundfläche
231.00m²
Fertigstellung
2014

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