Hageloft

Alte Strukturen, neue Ideen

Immer weniger Menschen verbringen ihre gesamte Karriere bei einem einzigen Unternehmen. Gleichzeitig legen Arbeitgeber zunehmend Wert darauf, sich als Marke zu präsentieren, mit der sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter identifizieren können – man denke nur an den Begriff des „Employer Brandings“. Dass diese Imagebildung auch über die Architektur funktionieren kann, beweist die junge MUUUH! Group mit ihrem neuen Firmensitz in Osnabrück.

„MUUUH!“ steht für „mutig und unbequem und herausragend“, ein Ausruf, der schon im vorherigen Unternehmen des Gründers Jens Bormann gerne verwendet wurde, wenn etwas richtig gut lief. Und in gewisser Weise beschreibt er auch die Anforderungen, die an den Entwurf des Architekturbüros Kresings gestellt wurden. Den Ausgangspunkt lieferte eine leerstehende, über 100 Jahre alte Chemiefabrik, in der unter anderem Tischtennisbälle und Lenkergriffe für Fahrräder hergestellt worden waren. Vom Potential überzeugt, kaufte Bormann gemeinsam mit dem Projektentwickler und Bauträger Elmar Grimm das Gelände. Den beiden Gesellschaftern der Hageloft GmbH schwebte vor, einen Teil in Eigentumswohnungen umzuwandeln und im zur Straße gelegenen Bereich Raum für die Arbeit zu schaffen.

Goldene Zeiten

Das Ergebnis präsentiert sich als feinsinnige Ertüchtigung des Bestands, der allerdings durch spektakuläre Details ergänzt und erweitert wurde. Die wohl augenscheinlichste Neuerung findet sich direkt am Zugang zum Innenhof: Das ehemalige Pförtnerhäuschen wurde um ein in den Straßenraum ragendes Geschoss erweitert, das mit seiner großen Fensterfront sowie einer goldfarbenen Kupfer-Aluminium-Verkleidung eine extrovertierte Geste zum Gehweg formuliert. Kontrastiert wird die edle Hülle von einer dunklen Verklinkerung, die den ursprünglichen, in die Jahre gekommenen Backstein des eigentlichen Fabrikbaus ersetzt.

Im Inneren blieben die gusseisernen Treppenhäuser sowie Stahlstützen und Unterzüge, die das Bild der früheren Fabrik prägten, erhalten und ermöglichten großzügige Flächen zur freien Gestaltung. Auch das Innenmauerwerk wurde in Handarbeit freigelegt und gekälkt. Doch trotz dieses massiven Erscheinungsbilds war die Tragfähigkeit des Industriegebäudes bei näherer Betrachtung geringer, als zunächst ausgewiesen.

Um das Gebäude trotzdem wie geplant nutzen zu können, entschieden sich die Verantwortlichen dazu, die notwendigen tragenden Innenwände mit Kalksandstein von KS-Original auszuführen. „Hier war die hohe Belastbarkeit im Zusammenspiel mit dem guten Brandschutz auschlaggebend“, erklärt Kilian Kresing, einer der drei Geschäftsführer des gleichnamigen Architekturbüros. Die sehr hohe Druckfestigkeit ermöglicht schlanke und flächensparende Wandkonstruktionen. Und nicht zuletzt dank der Nichtbrennbarkeit des massiven Baustoffs hat auch die Osnabrücker Feuerwehr dem Umbauprojekt schließlich ihren Segen gegeben.

Platz für außergewöhnliche Ideen

Entsprechend ertüchtigt, ließen sich in dem Gebäude großzügige Lofts mit eingestelltem Versorgungskern und fließenden Raumübergängen ebenso realisieren wie eine abwechslungsreiche Arbeitslandschaft. Diese bietet neben offenen Bereichen und geschlossenen Büroräumen auch Platz für die ausgefallenen Ideen der neuen NutzerInnen.

Alle Arbeitswelten sind über die verglaste Ostfassade einsehbar. Diese lädt PassantInnen ein, an dem Treiben im Gebäude teilzuhaben, und vermittelt nebenbei das Selbstverständnis des Unternehmens: Wenn die BewohnerInnen der Umgebung nach Hause kommen und bei der MUUUH! Group noch Licht brennt, sollen sie sehen, dass sich die Menschen dort auch gerne nach Feierabend noch aufhalten.

Hageloft

Rund um das traditionsreiche Fabrikgebäude ist eine gewachsene Wohnsiedlung entstanden.

Hageloft

Dass es bei der MUUUH! Group außergewöhnlich zugeht, wird schon am Empfang deutlich.

Hageloft

Der Innenhof des alten Fabrikgeländes wurde zum Außenbereich mit hoher Aufenthaltsqualität.

Hageloft

Die goldfarbene Kupfer-Aluminium-Verkleidung markiert die baulichen Ergänzungen und dient als weithin sichtbares Erkennungszeichen.

Hageloft

Dank neuer tragender Innenwände aus Kalksandstein von KS-Original konnten auch die ursprünglichen gusseisernen Treppenhäuser erhalten bleiben.

Hageloft

Ein italienisch inspiriertes Café dient als Raum zum Arbeiten und Entspannen.

Kresings

Büroprofil

KRESINGS ist ein Kreativbüro, das individuelle Lösungen für architektonisch nachhaltige Aufgaben entwirft. An den Standorten Münster, Düsseldorf und Osnabrück entwickelt das 60-köpfige Team unter der Leitung von Rainer M. Kresing, Kilian Kresing und Christian Kawe Architektur mit Leidenschaft. 1985 von Rainer M. Kresing gegründet, wurde das Studio mit zahlreichen Preisen, wie denen des BDA oder des DAM, ausgezeichnet. Dabei umfasst das interdisziplinäre Leistungsspektrum neben Architekturleistungen auch Städtebau und Innenarchitektur in den Bereich Wohnen, Büro und Verwaltung, Bildung sowie Forschung. Neben dem reinen Neubau liegt ein weiterer Schwerpunkt auf Sanierungen und Umbauten im Denkmalschutz. (Bild v.l.n.r.: Rainer M. Kresing, Kilian Kresing und Christian Kawe)

Bauaufgabe
Nichtwohnungsbau
Lage
Osnabrück
Architektur/Bauplanung
Kresings Architektur
Bauherr
Hageloft GmbH
Grundfläche
6120.00m²
Fertigstellung
07/2020
Autor

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