7. April 2021 | Tim Komoll | Podcast

Einfaches Bauen: Unbedingt und sofort

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Anlässlich der neuen Folge von "simplicity – einfach bauen" haben wir mit den ModeratorInnen Rebekka Pottgüter und Rolf Mauer über ihr Interview mit Prof. Arno Lederer, die Idee des Podcasts und Einfachheit als Lebensprinzip gesprochen.

Der Titel verrät es bereits: im neuen Podcast soll es um das „einfache Bauen“ gehen. Warum ist das so wichtig?

Rebekka Pottgüter: Für mich persönlich ist die Rückbesinnung auf das Wesentliche ein wirklich elementares Thema unserer Zeit und das betrifft nicht nur das Bauen. Ich glaube, „mehr, mehr, mehr“ kann in einer nachhaltigen Welt nicht mehr Grundprinzip unseres Denkens sein. Deswegen ist diese Thematik des Essentiellen enorm wichtig und das betrifft das Bauen im extremen Maße, weil zum Beispiel allein rund 50 % der Rohstoffentnahmen in der Natur vom Bau stammen.

Rolf Mauer: Wir können schlicht nicht mehr einfach bauen und ich glaube, dass wir das wieder lernen müssen – aus ganz egoistischen Gründen: Ich fand den Gedanken aus unserer ersten Podcast-Folge sehr interessant, dass wir schon eine Künstliche Intelligenz (KI) bräuchten, die unsere 3.000 Normen, Vorgaben und Gesetze im Bau organisiert. Und wenn wir schon selber nicht mehr in der Lage sind, unseren eigenen Verordnungen zu folgen, dann läuft etwas schief, dann brauchen wir einfaches Bauen und zwar unbedingt und sofort.

Arno Lederer

Prof. Arno Lederer ist Mitbegründer des Büros LRO und einer der renommiertesten deutschen Architekten.

Was ist Eurer Meinung nach die größte Herausforderung, wenn es um dieses Thema geht?

RP: Das hat Rolf ja gerade schon angedeutet: die Komplexität, die eigentlich dahintersteht. Einfach zu bauen, ist in unserer von Normen, Optimierungen, Technisierung geprägten Baukultur sehr schwierig, das ist eine enorme Herausforderung.

RM: Wir schaffen den Konsens nicht mehr: Unsere Gesellschaft gruppiert sich in immer kleineren Zusammenhängen und wir versuchen, in Kleinstgruppen Konsens zu finden. Das ist umso schwieriger, je kleiner die Gruppen werden. Wir brauchen Fachleute für jeden Bereich. Zum Beispiel nutzen wir heutzutage BIM (Building Information Modeling), was natürlich ein Fortschritt ist, aber auch wieder eine Person mehr bedingt, die dort kompetent ist. Das können ArchitektInnen, die alle Leistungsphasen abdecken, nicht mehr abbilden.

Rebekka Pottgüter

Im Hauptberuf leitet Rebekka Pottgüter die Unternehmenskommunikation von HPP Architekten in Düsseldorf.

Eure Gäste kommen aus den verschiedensten Disziplinen und Fachrichtungen. Was können die ZuhörerInnen inhaltlich von den kommenden Folgen erwarten?

RP: Ganz wichtig ist für uns eine mehrdimensionale Betrachtung. Wir wollen uns nicht nur die Sichtweise von ArchitektInnen und PlanerInnen ansehen, sondern auch die Perspektive der Politik und Gesellschaft, der Forschung und Lehre sowie der Industrie. Und ich glaube, aus dieser vielfältigen Betrachtung, die wir geplant haben, wird sich Folge um Folge dann wirklich ein spannendes Potpourri an Inhalten ergeben. Mit Folge Nr. 2 gehen wir zunächst auf Entwurf, Haltung, Konstruktion und Material ein. Da haben wir jetzt mit Herrn Prof. Arno Lederer auch schon einen sehr spannenden Gesprächspartner in petto!

Und welchen Reiz hat gerade das Medium Podcast bei der Suche nach Lösungswegen?

RM: Sprache ist ein unglaublich wirkmächtiges Instrument. Cato lebt ja leider nicht mehr, sonst könnten wir ihn dazu befragen. Immerhin hat er mit seinen Reden römische Imperien ins Wanken gebracht! Sprache übermittelt nicht nur einen Inhalt. Ich kann anhand der Sprache eines Menschen schon erkennen, wie viel Kompetenz und Ernsthaftigkeit dahintersteckt. Mit Arno Lederer zum Beispiel sind wir ein bisschen „geflogen“, weil er in wunderbare Höhen entführt und das ist einfach etwas Bereicherndes. Das macht Spaß, das schafft Sprache. Sicherlich gelingt das auch einem guten Text, aber mit Sprache ist es direkter, persönlicher und unmittelbarer.

„Simplicity“ ist ja nicht nur in der Architektur ein wichtiges Thema, sondern als Trend auch fast eine Art Lebensstil. Glaubt Ihr auch, dass unsere Welt Vereinfachung nötig hat?

RP: Definitiv! Unsere Welt ist ja wahnsinnig vernetzt, wir sind immer unterwegs, immer erreichbar, wir sind immer konsumierend – und in dieser vollen Welt sehnen sich immer mehr Menschen nach weniger Ablenkung, mentaler Ruhe, echten Werten und damit verbunden auch einer höheren Lebensqualität. Ich zum Beispiel habe erst während der Zeit der Pandemie gelernt, mich Samstagnachmittag einfach mal auf die Couch zu legen und ein Buch zu lesen. Dass dafür eine Pandemie nötig ist, ist doch wirklich fragwürdig!

RM: Ich habe nach langer Suche einen Weg gefunden, das Leben einfacher zu gestalten und der heißt schlicht: „Flucht“ – ich haue ab. Andere nennen das „Urlaub“ oder „Dienstreise“, ich verlasse mit meiner Frau den Ort der täglichen Profession. Und das vereinfacht, so komplex Reisen auch ist. Wir haben das ein bisschen lernen müssen, aber nun funktioniert es so gut, dass ich gar nicht mehr weiß, welchen Beruf ich habe, wenn wir zurückkommen. Das mag jetzt ein bisschen übertrieben klingen, aber das kommt mir häufig so vor: Ach diesen Beruf mache ich! Ortswechsel sind eine tolle Sache, auch das haben wir wohl durch Corona noch einmal alle gemerkt.

Rolf Mauer

Rolf Mauer ist Architekturjournalist und gibt unter anderem die AZ/Architekturzeitung heraus.

Vervollständigt bitte folgenden Satz: Einfachheit ist für mich...

RP: ...smart, die kluge Reduktion.

RM: ...die Abwesenheit alles Komplexen.

 

Die neue Folge mit Prof. Arno Lederer sowie alle weiteren Ausgaben finden Sie hier sowie überall dort, wo es Podcasts gibt.

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Autor
Tim Komoll

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